ARCHIV ENCOUNTERPOINTS
Remix Letters - Neue Musik und Sprache
Julius Holtz | Electronics
Katia Guedes | Sopran, Percussions
Andreas F. Staffel | Klavier
In diesem Konzert werden Texte, Gedichte sowie Wörter, Laute als auch historische Tondokumente mit Hilfe des Remixverfahrens neu gestaltet und kontextualisiert. Sprache wird verändert und mittels Dekomposition in neue Deutungen und Sinnzusammenhänge gesetzt. Durch die Modifikation der stimmlichen Klangfarben bekommt die Gesangsstimme einen neuen und nicht selten instrumentalen Charakter.
Programm:
Luciano Berio: Sequenza Nr. III (1966)
Katia Guedes: Ad-diction (2017, U.A.)
Julius Holtz: Romance, A Nocturne in Z Minor (2017, U.A.)
Andreas F. Staffel: Destillationen (2017, U.A.)
Ort: Wabe Berlin, Danzigerstrasse 101, 10405 Berlin
Eintritt: 10 € | 7 € | 6 €
(Tickethotline: 030-25048799)
Eine inm geförderte Veranstaltung
Die Stücke
Luciano Berio: "Sequenza III" (1966)
Das Stück ist für eine virtuose Sängerin/Schauspielerin geschrieben worden, wie es die Widmungsträgerin, Berios Frau, Cathy Berberian war. Das Singen ist nur eines von zahlreichen Ausdrucksmöglichkeiten der menschlichen Stimme, von denen Berio hier Gebrauch macht. In den Zeichenerklärungen listet er 15 Techniken auf, darunter "Lachsalven, Zähneklappern, Zungentriller gegen die Oberlippe" sowie 44 Vortragsbezeichnungen, wie "entfernt, verträumt, ekstatisch, äußerst intensiv, verklingend".
Julius Holtz: ROMANCE, A NOCTURNE IN Z MINOR
Das Stück ist ein Geist im Inneren eines Geistes, im Inneren eines Geistes: Meine Zusammenarbeit mit Christian Hawkey und Georg Trakl.
Trakl starb 1914. Wie Heideger wusste auch er: Das gespenstische ist kein religiöser Zustand sondern ein Zwischenstadium, ein „erschrocken sein, sich neben sich selbst befinden, in ek-stase.“
In diesem Sinne bedeutet die Kollaboration von Lebenden und Toten das Aufeinandertreffen von Geistern, da imaginieren und komponieren in ihrer Essenz Akte des neben sich selbst stehen sind.
Katia Guedes: „ad-diction“ für Sopran und live electronics
„ad-diction“ ist ein Stück, das die Formation, sowie die Deformation der Sprache, erforscht. Durch die Trennung vom Grundteile der Begriffe, kommt man oft auf anderen Bedeutungen sowie auf anderen Ideen. Die Elektronik trägt bei einer Verfremdung aber auch zu einer andere Deutung der Begriffe bei, und verändert, was vorher Bedeutung war, in Klang. (diction) In einem Spiel zwischen trennen und zusammen tun (addieren), wiederholen wir kleinen Modelle, die eigentlich sich nie identisch wiederholen, in einem non-ending Spiel, die auch süchtig machen kann! (addiction)
Andreas F. Staffel: Destillationen für Sopran, Klavier, Liveelektronik und Zuspiel
„Destillationen“(1953) lautet der Titel von einem der letzten veröffentlichten Gedichtbände des Dichter und Arztes Gottfried Benn. In meinem neuen Liederzyklus werden einige dieser Gedichte zusammen mit „Aprèlude“ (1955) verwendet. Der Liedsatz von Sopran und Klavier vermischt sich im ersten Lied mit Tondokumenten von Benn´s eigenen Lesungen und geräuschhaften Zuspielen. Zusammen mit der liveelektronischen Veränderung der Stimmen entsteht eine vielstimmige Klanglandschaft, in der Sprache zuweilen eine körperliche Dimension bekommt, und sich instrumental verwandelt. In dem zweiten Gedicht „Eure Etüden“ wird der Gesang zusätzlich durch Perkussionsinstrumente verstärkt. Das dritte Stück „Nur zwei Dinge“ verzichtet ganz auf den Einsatz vom Klavier. Aus einer einzelnen Sopranstimme entsteht im Zusammenspiel mit der Elektronik ein eigener, innerer Chor. Im vierten und letzten Stück: „Was man nennt“ erscheinen hingegen nur Sopran und Klavier. Die von Benn beschworene „Melodie“ wird hier nur gesummt oder gepfiffen angedeutet, und vom Klavier „stumm“ getragen.
Berlin, Mai 2017 Andreas F. Staffel
Duo ad.Lib (Staffel/Holtz) mit 'REMIX' im Acker Stadt Plast im Juni 2016
Duo ad.lib "Remix" from Julius Holtz on Vimeo.
Die Künstler
Julius Holtz
Julius Holtz, geb.1982 ist ein in Berlin lebender Komponist, Musiker und multidisziplinärer Künstler.
Sein künstlerisches Schaffen kombiniert zeitgenössische Musikkomposition, Klanginstallationen, Video und Performance. Holtz`s Arbeit eröffnet neue Felder des künstlerischen Experimentes durch die Rekontextualisierung der ästhetischen Formensprache verschiedener Formate und Medien.
Holtz graduierte an der Universität der Künste Berlin im Fach Sound Studies. Während und nach dem Studium präsentierte er Arbeiten in Berlin`s experimenteller Musik-Szene, an Orten wie dem Ackerstadt Palast, Quiet Cue und Ausland Berlin. Die Musik von Julius Holtz wurde auf experimentellen Musik Labels veröffentlicht und im Deutschland Radio gesendet. Er ist Autor diverser Musikwerke die zur Filmspur synchronisiert wurden. Darunter befinden sich sowohl Experimentarfilme als auch große deutsche Kinoproduktionen. Eine Vielzahl von renommierten Festivals und Institutionen präsentierten Holtz Arbeit in den USA, Mexiko, Argentinien, Skandinavien und Europa. Darunter: New Fest Filmfestival (Jay, New York, 2008), Haus der Kulturen der Welt (Transformationen, Berlin 2009), Wet Sounds Festival (Paraconsistent Invention, London, 2011), Centro de Cultura Digital (Vakuum, Mexiko Stadt, 2014) und Ultima Festival (Yuaríya Valcári in Zusammenarbeit mit Marisol Jimenez, Oslo, 2016).Seit 2013 spielt er mit dem Komponisten und Pianisten Andreas F. Staffel in dem Duo Ad lib.
Katja Guedes
Geboren in Santo André - São Paulo - Brasilien. Lebt in Berlin. Studium (Oboe und Gesang) an der Universität des Staates São Paulo, Brasilien. Stipendium von der Konrad-Adenauer-Stiftung für ein Gesangs-Aufbaustudium in Deutschland, in Stuttgart an die ”Hochschule für Musik und Darstellende Kunst” und später in Berlin an die ”Hochschule für Musik Hanns Eisler” bei Inge Uibel. Meisterkurse bei Ileana Cotrubas und Elio Battaglia.
Opernproduktionen in Brasilien und Deutschland u.a. als Königin der Nacht, Gilda, Lucia de Lammermoor und Morgana („Alcina“), sowie die Partie der Gabrielle in "Die Teufel von Loudun" von Penderecki unter W. Jurowski und Harry Kupfer in der Semperoper - Dresden.
Schwerpunkt zeitgenössisches Musiktheater, Uraufführungen, u.a.: „Heinrichs Fieber, eine Kleist Vision“ (Humel),“verzeihung, der Kopf“, „Ich schlafe was ich denke“ und „KLIMA_vorher.sagen“ (Stelzenbach / Hoyer), „zwei etagen, keine treppe“ (Klaus Lang), „Destino das Oito“ (Chico Mello), in der Musikbiennale München 2006 „La philosophie dans le labyrinthe“ (Aureliano Cattaneo), „Der Sonne entgegen“ von Lucia Ronchetti in Gelsenkirchen sowie MaezMusik2010, „niebla“ (Mendoza/Rebstock), sowie „die architektur de regens“ von Klaus Lang in der Münchener Biennale 2008.
Sie ist auch in den neue Musiktheater Produktionen vom Konzerthaus Berlin regelmäßig zu erleben.
Internationale Konzerttätigkeit, Musikfestspiele: Gaudeamus Amsterdam, Campos do Jordão und Musica Nova Brasil, Acarte Portugal, musicadhoy Madrid, comPositionen, zeitfenster, randspiele, Musikbiennale, MärzMusik und Ultraschall Berlin, World Music Festival Korea, Dresdner Musikfestspiele, tagederneuemusik Braunschweig, Auftakt Frankfurt, Musikbiennale München, in Zusammenarbeit mit den Ensemblen „Mosaik“, „Kammerensenble Neue Musik Berlin“, „Modern Art Sextett“, „resonanz“, „courage“ , „nieuw ensemble amsterdam“ und „Klangforum-Wien“, u.a.
Andreas F. Staffel
Andreas F. Staffel studierte Klavier an der Musikhochschule Frankfurt a. M. (Klasse Andreas Maier Herrmann) und in der Meisterklasse bei Prof. Oleg Maisenberg an der Musikhochschule Stuttgart. Von 1997-2000 war er Student der Kompositionsklassen von Bojidar Dimov und Prof. Manfred Trojahn an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf. Er besuchte zahlreiche Meisterkurse für Klavier und Komposition, u.a. bei Wolfgang Rihm, Henri Dutilleux, Pierre Laurant Aimard, und Vitali Margoulis und nahm an den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik teil.
Hierauf folgten mehrere Stipendienaufenthalte, u.a. in New York und Ahrenshoop. Andreas F. Staffel ist Preisträger der Edvard C. Cone Foundation in Princeton (USA) und Stipendiat der Millay Foundation New York, sowie des Künstlerhauses Ahrenshoop. 2008 wurde sein zweites Streichquartett ("Asanisimasa") für das Finale des Concours Dutilleux in Tours ausgewählt. Beim Operare-Wettbewerb für den Berliner Hauptbahnhof 2011 wurde Andreas Staffels Kurzoper "sotto voce" mit einem Preis ausgezeichnet. 2013 war er Preisträger der Weimarer Frühjahrstage für Neue Musik. Sein Projekt Remix (Mit Julius Holtz) sowie das Festivalkonzept Encounterpoints - Neue Musik in Berlin wurde 2016 mit der inm-Förderung des Berliner Senats ausgezeichnet.
Er erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge und konzertierte als Solist, Begleiter und mit Orchestern in vielen Städten Europas, Nord- und Mittelamerikas und wiederholte Male in Zentral-und Südostasien. Im Jahr 2008 gründete er das Ensemble Anthemion (Berlin) das sich den jüngeren Werken der Neuen Musik sowie der Improvisation widmet.Im Jahr 2009 gründete Andreas F. Staffel gemeinsam mit Dacheng Wang das Musikstudio Ohrpheo Berlin.
Aufführungen u.a. von Ensemble Mosaik, Minguet Quartett, Sonic Art Saxophonquartett, Martin und Cecilia Gelland, Ensemble Junge Musik, Ensemble Konvergence, Symphonieorchester Aachen, Wang Whoo Moon, Antje Thierbach,Susanne Stock, Sergej Tchirkow, Nasan Tur, Xenon Ensemble.
Künstlerische Leitung und Kuration des Festivals: Andreas F. Staffel
Das Musikkonzert von EnCounterpoints 2022 wird gefördert vom Bezirksamt Pankow